Der neue „Rheinsteig“ ist den Wanderern im September 2005 offiziell übergeben worden. Die Planungsvorbereitungen und die Umsetzung in der Örtlichkeit haben mehrere Jahre gedauert. Doch 8.000 Schilder anzubringen dauert seine Zeit. An einigen Stellen werkelten im Herbst 2005 noch Handwerker an Geländern und Brücken. Die Grundausstattung aus hergerichteten Wegen, einer perfekten Beschilderung, einer Faltkarte, mehrere Führer und einem Unterkunftsverzeichnis liegt vor.
Der Weg und seine
Aufbereitung hat ein Vorbild: den Rothaarsteig im Sauerland. Wie
beim Rothaarsteig ging die Initiative von den
Fremdenverkehrs-verantwortlichen und staatlich-halbstaatlichen Stellen aus.
Bei beiden Wegen gab es einen hohen Koordinierungsaufwand, nicht zuletzt,
weil sie durch mehrere Bundesländer gehen. Der Rheinsteig reicht von Wiesbaden bis Bonn; er bleibt nur auf der rechten Rheinseite. Wie beim Rothaarsteig gibt es den Hauptweg und dazu die auch etwas anders markierten „Zubringerwege“. Das erlaubt das Zusammenstellen von individuellen Touren und ist hilfreich für Tagesausflügler. Besonders die Bahnhöfe im Rheintal, ebenso die Schiffsanlegestellen oder große Parkplätze in Dörfern auf der Hochebene sind Ausgangspunkte der Zubringerwege. |
Eröffnung:
Vorbild
"Wanderpapst" |
Der Weg ist vielseitig. Er ist deutlich für Wanderer trassiert, so trafen wir auch kaum Mountainbiker. Der Weg fordert die Wanderer; er hat viele Steigungen. Die Überwindung von 800 Höhenmetern pro Tag ist normal, bei der Etappe Ehrenbreitstein Braubach standen 1.200 m an. Der Weg ist nahezu perfekt markiert, aber es heißt aufpassen. Es ist kein Weg zum Dahintrotteln, das ist nicht angesagt oder man hat leicht die ins Grüne abgebogene Fortsetzung verpasst. Wenn wir vom Rheinsteig abkamen, geschah das immer dann, wenn der alte mit einem „R“ gekennzeichnete und meist „gerade“ verlaufende Rheinhöhenweg“ in eine befestigte Ortsstraße überging, der Rheinsteig dagegen fast unbemerkt sich „seitlich in die Büsche schlug“.
Zu einem Weg dieses
Anspruches gehören nicht nur eine intelligente Trassenwahl und eine
zuverlässige Markierung, sondern auch weitere Wanderhilfen wie
Informationen über mögliche Unterkünfte und das Organisieren von Führern
und Wanderkarten. So gibt es für den Rheinsteig eine gute, von den
staatlichen Vermessungsämtern mit dem Projektbüro Rheinsteig gemeinsam
herausgebrachte Karte im Maßstab 1:50.000. Sie ist zweisprachig, pfiffig
aufgeteilt, gefaltet und zeigt auch die anderen Wege im Rheintal und auf
der andern Flussseite. Das ist gut, aber bei dem „Gewimmel“ von Wegen an
der „Hangkante“ kann nicht immer nachvollzogen werden, welches in der
Karte dargestellte Wegstück zu welchem Fernwanderweg gehört. In der
Örtlichkeit ist das dann kein Problem, die Markierungen vom Rheinsteig
sind unübersehbar und dominieren alle anderen Wegsysteme. |
Kein Weg zum "Dahintrotteln"
Wanderhilfen
Markierung |
Wie gesagt, der Weg ist so gut ausgeschildert, dass man eigentlich auch ohne einen Führer auskommen könnte. Praktische Bedeutung haben die Führer für die Planung von Etappen. Die Führer machen Angaben für die zu veranschlagende Dauer zwischen Einzelstrecken. Denen kann man vertrauen und sich kürzere oder längere Tagesetappen zusammenstellen, gerade weil das Übernachtungsangebot entlang des Weges solche Freiheiten erlaubt. In den Führeren wird viel geplaudert, Wichtiges und Unwichtiges („Im Kurort Schlangenbad fühlten sich schon Adelige und Diplomaten wohl“) erwähnt und auch manches doppelt berichtet. Ausdrücklich zu loben ist das Interesse der Autoren an der Deutung von Namen. Sie erwähnen zum Beispiel, dass das Siebengebirge kaum nach sieben Bergen benannt wurde, sondern der Name von den „Siefen“ herzuleiten ist, das sind tief eingeschnittene Trockentäler, in Westfalen heißen sie „Siepen“. Bei der Namenserklärung des Lurley, so hieß der Fels bis zum frühen 19. Jahrhundert, dessen Namens-Bestandsteil Lûre im Mittelhochdeutschen "hinterlistig", Ley = Stein, Felsen, Schiefer am Rhein häufiger vorkommt, halten sich beide Führer zurück und verweisen auf das Besucherzentrum mit Erlebnismuseum. Eine weitere Hilfe ist das kostenlos erhältliche sog. Gastgeber-Verzeichnis.
Als wir im Herbst 2005 unterwegs waren, sind wir von Rengsdorf bei Neuwied bis kurz vor die Loreley gewandert. Wir sind dann von St. Goarshausen mit der Bahn über Koblenz nach Neuwied zurückgefahren, haben den Bus bis Sayn benutzt und sind eine knappe Tagesetappe bis zu unserem Auto in Rengsdorf zurückgewandert. Wir hatten dabei das Vergnügen, auch einmal „rückwärts“ zu gehen. Ich wiederhole noch einmal, es machte wegen der Vielseitigkeit der Landschaft einfach Spaß hier zu wandern. Es ist meist eine Überraschung, welches neue Landschaftsbild auf dem Rheinsteig Tag für Tag folgt. Über die ganze Strecke kommt man noch durch weitere sehr unterschiedliche Landschaftstypen: das Siebengebirge, den südlichen Abschnitt des engen Rheintales, dann die weite Landschaft von Rheinhessen. So hat der Rheinsteig über die ganze Länge einen „drive“, der Wanderer weiterzieht. Wir trafen andere Wanderer, auch viele Tagesausflügler und das begründet mein Urteil, dass der Weg eine gute Resonanz gefunden hat. Wir haben Einheimischen auf ihre Wander-Erfahrungen angesprochen und bekamen mitgeteilt, dass sie auch schon mehrere Etappen in ihrer Umgebung gewandert seien. |
Wanderführer:
Kostenloses Gastgeber-Verzeichnis
Meine Wanderetappe: |
Von dem von den Wegemachern herausgestellten „hohen Niveau“ blickt der Wanderer oder die Wanderin immer wieder mit Neugier in den Talboden herunter. Die Schiffe lenken als erste den Blick auf sich. Sie gleiten ruhig allein über das Wasser oder sind locker zu kleinen Ketten oder enger zu Schub-Verbänden aneinandergefügt. Die Orte am gegenüberliegenden Ufer entfalten ihre Individualität durch Kirchen oder besondere Nutzbauten, Wohnhäuser sind groß wie Spielzeug, die Züge gleichen schnellen Raupen. Die von der Sonne beschienenen steilen Hänge erlaubten hier seit dem Frühmittelalter den Anbau des „Kultgetränkes“ Wein. (Auch westfälische Klöster bemühten sich in den Besitz von ein paar Weinbergen zu kommen.) Der Weg ist nicht vorrangig auf Besichtigungen von historischen Bauwerken angelegt. Es gibt Objekte an der Strecke, die man einfach gesehen haben sollte. Die Festung Ehrenbreitstein bei Koblenz oder die Marksburg bei Braubach sind solche Objekte. Das passen auch gut in die Etappenplanung. Andere Burgen am Weg sind im Privatbesitz und daher unzugänglich. |
Hohes Niveau
Kultgetränk Wein
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Verkehrslärm dringt vom Talgrund herauf; meist sind es die Züge, manchmal stammt der Lärm auch von Gewerbebetrieben. Es gibt erstaunlich stille Nebentäler. Jede Möglichkeit von unbefestigten Wegeabschnitten wurde von den Wegemachern genutzt. Der Anteil an befestigten Strecken ist vernachlässigend minimal; also wirklich: Premium! Zum Teil wurden Wege in Form von Trampelpfaden durch Wandstücke frisch angelegt. Es war viel „geholzt“ worden, d.h. an markanten Stellen sind Bäume und Büsche beseitigt worden, um eine freie Sicht ins Tal zu haben. Auch das gehört zur Landschafts- bzw. Weginszenierung. Hier wird deutlich, dass bei der „Wegemacherei“ ganz entscheidend Landschaftsplaner beteiligt waren. Aber solche „Inszenierungen“ bedürfen auch der kontinuierlichen Kontrolle und Nacharbeit. Hier wird sich erweisen, ob der Anspruch nachhaltig aufrecht erhalten bleibt. Wir kamen durch größere Buchenbestände, z.T. gemischt mit Eichen; nur wenige Abschnitte führen durch Nadelwald. An den der Mittags- oder Nachmittagssonne ausgesetzten Hängen stießen wir auf Robinien, z.T wild-malerisch von Lianen überwuchert. Esskastanien zeigen, wie klimatisch herausragend die durchwanderte Gegend ist. Auf der Hochebene geht der Weg an Feldern vorbei. Wenn die Rheinsteig-Werbung von „unberührter Natur“ spricht, ist das landschaftsgeschichtlich gesehen ziemlicher Blödsinn, aber die Leute glauben das vielleicht sogar. Noch ein paar grundsätzliche Bemerkungen zur Wegemacherei. Natürlich wäre eine gründliche Überarbeitung des Rheinhöhenweges denkbar gewesen. Das wäre ein interessantes Exempel für die Regenerationsfähigkeit von deutschen „Traditionswegen“ gewesen, denn in der Realität ist der Rheinsteig ein renovierter Rheinhöhenweg. Die Trasse ist dort, wo es möglich war, näher an die „Hangkante“ herangerückt worden. Es ist ein Weg „über die Höhen“, kein Weg entlang des Flusses oder „auf halber Höhe“ parallel zum Fluss z.B. durch die Weinberge. Es ist ein neuer Weg zu den bestehenden „Themenwegen“ gekommen, es hat keine „Flurbereinigung“ zugunsten einer neuen wanderfreundlichen Haupttrasse gegeben.
Die Raum-Verhältnisse des
Mittelrheintales sind faszinierend und schwierig. Der Fluss war
seit vorgeschichtlicher Zeit eine „Verkehrsachse“ von europäischer
Bedeutung. Seit dem 19. Jahrhundert sind neue Transportformen und
Verkehrsbänder, Eisenbahnen auf beiden Uferseiten und die ebenfalls stark
ausgebauten Bundesstraßen dazugekommen. Durch technisch aufwendige
Ortsumgehungen ist in letzter Zeit den Anwohnern geholfen worden. Wir
waren angenehm überrascht, wie ruhig es in einem Hotel in Ehrenbreitstein
direkt an der Bahnlinie war. |
Verkehrslärm
Freie Sicht ins Tal
Rheinhöhenweg
Raumverhältnisse im Mittelrheintal
Bausünden der letzten Jahrzehnte
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Das Mittelrheintal ist von
der
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Weltkulturerbe der UNESCO |
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Dieser (von mir leicht gekürzte) Erfahrungsbericht vom Rheinsteig wurde vom früheren 1. Vorsitzenden Dr. Lutz Heidemann des Vereins Netzwerk Weitwandern e.V. erstellt. Der Verein Netzwerk Weitwandern e.V. hat sich zur Aufgabe gemacht, über Weitwanderwege in Europa von zu informieren. Schauen Sie also bei Ihrer nächsten Tourenplanung einmal auf diese Website.
Der
obige Bericht über den
Rheinsteig ist in der Vereinszeitschrift |
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