Sonntag
24.05. Regéc
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Boldogkőváralja
Rotes Gold, ein trockenes Bachbett und
Burgenromantik
Zwei große Teller mit bunten Paprika, rot, grün und gelb, lachten uns zum
Frühstück an.
Gewürzpaprika verleiht der ungarischen Küche ihre
unverwechselbare Geschmacksnote und stellt einen bedeutenden
Wirtschaftsfaktor dar. Im August wird der Paprika geerntet. Je nach Schärfe unterscheidet man fünf
Geschmacksrichtungen. Delikatess-Paprika, Edelsüß, Halbsüß, Rosenpaprika, sowie
Scharfpaprika (Kirschpaprika) von bräunlich-roter Farbe.
Die ersten Paprikasamen kamen mit den Schiffen des Kolumbus aus Amerika
nach Europa. Besonders in Südungarn findet der Paprika hervorragende
klimatische Bedingungen vor.
Das heutige landestypische Frühstück bestand neben dem Paprika noch aus
Tomaten, Käse- und Wurstscheiben, Butter, Marmelade und weißem Brot. Der
Kaffee (kávé) ist für deutsche Gaumen gewöhnungsbedürftig. Ich bin deshalb
wie schon in der Slowakei zum Teetrinker geworden.
Ein Blick aus dem Fenster zeigte bestes Wanderwetter, sonnig und jetzt am
Morgen schon 19° C. 17 km waren heute zu wandern. Ein lang gezogener 325 m
Aufstieg und dann fast nur noch abwärts (562 m).
Auf der Dorfstraße von
Regéc
grüßte eine alte Frau, die auf dem Weg in die kleine Kirche war. Ich
empfand Mitleid mit ihr, denn ihr Oberkörper,
Brust
Hals und Kopf, bildete fast einen 90° Winkel zum Unterkörper. Welch
schwere Last hatte diese Frau so sehr krumm werden lassen?Auch bei noch
einem älteren Mann fiel mir der ebenfalls stark gekrümmte Rücken auf.
Wahrscheinlich hatte harte körperliche Arbeit in der
Landwirtschaft diese kranken Rücken geschaffen.
Vom unteren Ortsende aus sahen wir vor uns auf einem bewaldeten Berg die
Burg von Regéc (Regéc vára). Zunächst ging es zu ihr über Wiesen aufwärts.
Bald darauf wechselten wir auf einen breiten ungeteerten Fahrweg im
Laubwald, der Zufahrt zur Burg. Wir merkten, dass heute Sonntag war, denn
es waren, für uns ganz ungewohnt, auch
andere Spaziergänger und Wanderer unterwegs.
Oben angelangt, nach ca. zwei
Stunden, den kurzen Weg rechts zur Burg liefen wir nicht, blieben wir
zunächst auf dem Höhenweg, der aber bald rasch nach unten ins Dorf
Mogyoróska führte. Kurz vor dem Ort trafen wir auf eine Schulklasse, die
wohl hinauf zur Burg von Regéc wollte.
Eine verschlammte Wiese führte uns weg vom Dorf zu einem fast
ausgetrockneten Bachbett. Nur einige tiefere Löcher waren noch mit Wasser
gefüllt. Auch hier hatte die dreiwöchige Trockenheit ihre Spuren
hinterlassen. Etwa zwei Stunden marschierten wir mal rechts, mal links auf
schmalem Pfad den „leeren“ Bach entlang.
Die Abgeschiedenheit, der Laubwald und die vielen Büsche bieten für Vögel
das ideale Brutgebiet.
Kuckuck, Buchfink, Amsel, Drossel, Häher, Laubsänger, Nachtigall und sogar
ein Fasan waren zu hören.
Ein kleines Haus am
Wegesrand
weckte
unsere Neugier.
Fenster und Türen
waren eingetreten und das Innere zeigte sich leer und verdreckt. Nach
einer kleinen Rast erreichten wir bald danach das Ende des Wanderpfades
entlang des trockenen Bachbettes. Leicht aufwärts durch Buschwerk stießen
wir dann auf eine Teerstraße, an der sich mehrere Walnussbaumplantagen
befinden. Auf einer frisch gemähten Wiese machten wir ausgiebig
Mittagspause .......
Über den Friedhof erreichten wir dann den Ort Arka. Das
Friedhofsgelände befindet sich auf einer abschüssigen Wiese und ist weder
umzäunt noch ummauert. Auf vielen Grabsteinen bzw. Holzkreuzen sind Bilder
der Verstorbenen zu sehen. Vor einigen Gräbern standen auch Holzschemel
zum Sitzen für die Angehörigen. In der Dorfmitte befindet sich ein großes
Kriegerdenkmal mit einem Soldaten in Militäruniform.
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Unterkünfte
und
Wanderstrecke
Weitere Bilder vom Sempliner Gebirge
Zum Frühstück gab es scharfe Früchtchen:
Spitz-Paprika

© wrw14/ pixelio
Die Burgruine von
Regéc.
Die Festung wurde nach den Kuruzen-
Aufständen von den
Habsburgern gesprengt.
Typisches Dorfhaus
mit einem überdachten Rundgang in
Mogyoróska
Kriegerdenkmal im Zentrum von
Arka |
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Glücklicherweise fuhren fast keine Autos, denn erst nach einem weiteren
dreiviertel Stunde
Fußmarsch
auf einer Teerstraße gelangten wir an unser Tagesziel,
Boldogkőváralja. „Boldog“
heißt glücklich und „kö“ bedeutet Stein. Das Weindorf hat knapp 2.000
Einwohner. Die besten Weine der Region können hier probiert werden.
Hauptattraktion ist jedoch die eindrucksvolle märchenhafte Burg, die
oberhalb des Ortes auf einem mächtigen Felsgesims thront und beim Anblick
von unten wie nahtlos mit dem Gestein verwachsen zu sein scheint. Für
einen mittelalterlichen Ritterfilm die ideale Kulisse.
Schwierig gestaltete sich für uns die Suche nach unserem
Übernachtungshotel, da in diesem Weinort die
Häuser
nicht
nach aufeinander
folgenden
Hausnummern
angeordnet sind. Nach
längerem Fragen und Umherirren standen wir dann endlich am Ortsende
unterhalb der Burg vor dem gesuchten Haus.
Übernachtet wurde in Holzhütten im Garten.
Bei dem schönen Wetter war es keine Frage, die Burg
Boldogkö vára
aus dem 13. Jh.
noch zu
erklimmen.
Quer durch die Felder, teilweise Weinreben und Mauern aus Feldsteinen,
ging es direkt vom Hotel aus nach oben. Besonders der zahlreiche
Klatschmohn vermittelte im unteren Teil auf den braunen Feldern ein
malerisches Bild.
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Weinort
Boldogkőváralja
im
Hernád-Tal
Klatschmohn
─ enthält
nicht die
Inhaltsstoffe des Schlafmohns. |
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Nach
zwanzig Minuten war auch der felsige steile obere Streckenabschnitt
überwunden und die Außenmauer der Burg erreicht. Jetzt, am Spätnachmittag,
bot sich ein sagenhafter Rundblick auf das Hernád-Tal mit dem Dorf und auf
die umliegenden Berge des Zempléni-hegység (Sempliner-Gebirges). Im Inneren der Burg
befinden sich ein Andenkenladen und ein kleines Museum mit alten
Schriften, Waffen und Münzen. Ein hölzerner Wehrgang war leider teilweise
gesperrt. Die Burg Boldogkö (wörtlich übersetzt glücklicher Stein) wurde im 13. Jh.
erbaut. Im Kuruzenaufstand wurde sie von den Aufständischen 1678 erobert.
1702 sprengten die Habsburger das mächtige Bollwerk der Siebenbürger
Fürsten.
Mit einem guten Glas Rotwein aus der hiesigen Region
Tokaj ließen wir dann
abends im Garten vor unseren Holzhütten den Tag gemütlich ausklingen. |
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Blick von der
Boldogkö vára
auf
Boldogkőváralja
im
Hernád-Tal |
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